Der Blindengarten im Rosengarten Zweibrücken
Der 1. Blindengarten in der GRF
„Zu empfangen den Morgen lehrt mich Deine Blüte zu bestehen die Nacht Dein Dorn“. (Michael Dillinger)
Diese drehbaren Metallstelen wurden von Gernot Waldner entworfen und vom Rotary-Club Homburg-Zweibrücken für den Blindengarten gespendet. Die sensiblen Texte über die Rose von verschiedenen Schriftstellern können auch in Blindenschrift gelesen werden.
Café im Dunkeln
Stellen Sie sich vor Sie kommen in ein Zelt und völlige Dunkelheit umfängt Sie. Nirgends ein Lichtspalt, über den sich das Auge orientieren könnte.
Wie würden Sie als Sehender mit dieser totalen Dunkelheit umgehen?
„Was dürfen wir Ihnen servieren. Tee? Kaffee? Kuchen?“
Freundliche Stimmen klingen an unser Ohr und wir beginnen, uns langsam in diese Richtung vorzutasten. Vor uns eine Theke, davor ein Barhocker. Eine gelassene Heiterkeit erfüllt den Raum, die sich auch auf uns überträgt. Hier gibt es keine Hektik.
Dieses Cafè wird von Sehbehinderten geführt und wir unterhalten uns mit ihnen. Sie sprechen offen über ihre Behinderung, und erzählen mit großer Begeisterung über ihre kleinen und großen Erfolge, wie sie am normalen Leben unter uns „Sehenden“ teilnehmen.
Es war für uns Rosenfreunde aus Zweibrücken die lehrreichste Stunde, die wir erleben durften und die mit großer Nachhaltigkeit unser weiteres Handeln bestimmen sollte.
Die Idee
Die Idee in unserem Rosengarten in Zweibrücken einen Garten für Blinde und Sehbehinderte zu bauen wurde geboren, nachdem wir eine wunderbare Floristikschau mit unserem Designer Hermann Faust in unserem Landgestüt aufgebaut hatten und Herrmann Faust sagte:
„Es gibt Menschen, die das alles nicht sehen können; Lasst auch sie daran teilhaben!“
Mit seiner großzügigen Spende wurde das ehrgeizige Vorhaben der Rosenfreunde einen Blindengarten anzulegen sofort gestartet.
Wir wandten uns an den Präsidenten der Deutschen Rosengesellschaft, Bernd Weigel, der unsere Vorstellungen bereitwillig aufgriff und uns nicht nur finanziell unterstütze, sondern auch eine perfekte Gartenplanung lieferte. (Grundlage waren unsere Erfahrungen im Café im Dunkeln). Wir erkannten, dass alles kleinräumig und in wenigen Schritten das Wesentliche erreichbar sein müsse.
Die Umsetzung
Bernd Weigel entwarf 4 kleine Gartenräume, die den Bereichen Riechen, Tasten, Schmecken und Hören zugeordnet wurden. Im Mittelpunkt dieser Gartenräume waren runde Hochbeete vorgesehen.
Dieser Plan wurde mit Begeisterung aufgenommen und wir fanden viele großherzige Spender. Auch das städtische Gartenamt (Gartenamtsleiter Stefan Hell) unterstützte unser Vorhaben und führte die Bepflanzung durch.
Heute ist der Garten eingewachsen und die Besucher, Sehbehinderte und Sehende sind begeistert von dieser kleinen stillen Gartenoase.
Rose de Rescht, die den Garten einrahmt, verbreitet einen wunderbaren Duft, der über den Garten zieht. Ilse Krohn Superor wacht über das Eingangstor. An dem Tasthochbeet lässt einem das Bärenfellgras, mit seinen stacheligen Borsten, schnell die Hand zurückziehen. Doch dafür schmeichelt der weiche wollige Ziest mit seinem zarten flauschigen Blatt, der immer wieder gestreichelt sein will. Am Riechbeet schnuppert die Nase die würzigen Kräuter, wie Duftnessel, Bergminze, Zitronenthymian und vieles mehr. Doch auch der Gaumen darf nicht zu kurz kommen. Die Versuchung ist groß, den Sauerampfer zu kosten… und wie schmeckt Rosmarin, Lavendel und ein duftendes Rosenblatt? Und welchen Geschmack bietet die Schockominze zum Dessert?
Vielleicht ergeht es unseren Besuchern ähnlich wie es uns ergeht, wenn sie von Gartenraum zu Gartenraum gehen und hier tasten, dort schnuppern, ein Blättchen in den Mund schieben und schmecken und dem Geplätscher des Wassers lauschen, das über die Steinformen rieselt. (Entwurf Stefan Hell).
Die Zusammenarbeit mit den Blinden bei der Erbauung des Gartens hat uns erst richtig zu sehen gelehrt. Vielleicht macht der Besuch dieses Gartens auch Sie nachdenklich…und Sie sehen die Welt von nun an mit anderen Augen.
Verein der Rosenfreunde Zweibrücken
Hanne Stauch
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